Champions-League: Unglückliches Ende eines denkwürdigen Abends
Die Sensation war möglich: In einem wahrem Volleyball-Krimi agierten die BR Volleys im Play-off-Hinspiel der CEV Champions League gegen den russischen Topclub Zenit Kazan lange Zeit auf Augenhöhe und mussten sich vor 6.821 Zuschauern in der Berliner Max-Schmeling-Halle dem Favoriten erst nach 120 dramatischen Spielminuten im Tie-Break mit 2:3 (25:27, 25:23, 25:17, 16:25, 16:18) geschlagen geben.
Die Vorzeichen vor einer der größten Herausforderungen in der Vereinsgeschichte standen dabei alles andere als gut. Ein nach seiner Knie-Operation noch nicht einsatzfähiger Scott Touzinsky, ein fiebriger Robert Kromm und schließlich Roko Sikiric, der sich im Abschlusstraining wenige Stunden vor dem Spiel eine Verletzung des Außenbandes am rechten Knie zuzog, ließen bei BR Volleys Coach Mark Lebedew hinsichtlich der Außen-Annahme-Position die Sorgenfalten auf die Stirn treten. Doch auch angesichts dieser schwierigen Ausgangssituation kündigte der Australier an: „Es macht die Aufgabe nicht einfacher, aber wir werden uns davon nicht aus dem Konzept bringen lassen.“
Mit dieser Einstellung starteten seine Schützlinge eindrucksvoll in die Partie gegen den scheinbar übermächtigen Gegner: Björn Höhne ersetzte Roko Sikiric und von Beginn an hielten die Berliner dem Druck der mit sechs Olympiasiegern gespickten Mannschaft von Vladimir Alekno stand (8:4). Scheinbar unbeeinträchtigt vom Fieber am Vortag war es vor allem Robert Kromm im Verbund mit Diagonalangreifer Paul Carroll, der den Block der Gäste regelmäßig vor Probleme stellte und zu Fehlern zwang (16:9). Erst im letzten Abschnitt des Auftaktsatzes demonstrierte die Star-Auswahl aus Russland ihre Stärke und kam bis auf 23:23 heran. Besonders ärgerlich aus Berliner Sicht: Eine (wie die TV-Bilder zweifelsfrei belegten) Fehlentscheidung des polnischen Schiedsrichters, der beim Stand von 25:25 einen BR Volleys Block noch am Ball wähnte, brachte den Satzball für die Russen, die diesen in souveräner Manier nutzten (25:27).
Im zweiten Satz dominierte zunächst Zenit Kazan die Szenerie. Zwar konnten die BR Volleys bis zum Stand von 14:14 mithalten, doch dann setzte sich der Favorit Punkt um Punkt ab (14:18 / 15:20). Waren es im ersten Durchgang noch die Gäste, die einen verloren geglaubten Satz zu ihren Gunsten drehten, starteten nun die Berliner – angetrieben von der lautstarken Kulisse im „Volleyballtempel“ Max-Schmeling-Halle –eine erfolgreiche Aufholjagd, glichen nach einem unglaublichen Ballwechsel (mit 17 ! Netzüberquerungen) zum 23:23 aus und konnten kurz darauf den Satzgewinn bejubeln (25:23). Für Kazan war es der – von den Russen offensichtlich kaum für möglich gehaltene – erste Satzverlust der aktuellen Champions-League-Saison.
Motiviert durch dieses Ergebnis und unterstützt von fast 7.000 euphorisierten Zuschauern dominierte Berlins Volleyballteam Nr. 1 den dritten Durchgang, in dem der Deutsche Meister dem russischen Titelträger schnell davoneilte (17:9 / 20:13) und schließlich mit einem außergewöhnlichen Vorsprung von acht Punkten (25:17) den nächsten Satzverlust bescherte. Im vierten Abschnitt bot sich den Zuschauern ein gegensätzliches Bild: Zenit ging sofort in Führung und baute den Abstand mit gewaltigen Angriffen und starken Aufschlägen kontinuierlich aus (10:16 / 13:21). Die aufopferungsvoll kämpfenden BR Volleys, denen der dramatische Spielverlauf augenscheinlich viel Kraft gekostet hatte, konnten den Rückstand diesmal nicht wettmachen, mussten mit 16:25 den Satzausgleich hinnehmen und somit in den alles entscheidenden Tie-break gehen.
Dieser war über die gesamte Dauer ein offener Schlagabtausch auf allerhöchstem Niveau. Keine der Mannschaften konnte sich entscheidend absetzen. Beim Stand von 9:7 für Berlin kassierte Kazan jedoch eine gelbe Karte, so dass es plötzlich 10:7 für die Hausherren stand. Beim 13:11 für die BR Volleys war der Sieg greifbar nah, doch Zenit stellte einmal mehr seine ganze Klasse unter Beweis und glich zum 13:13 aus. Den ersten Matchball der Russen (13:14) wehrten die Berliner ab, dann hatten sie selbst die Chance zum Matchgewinn (15:14). Superstar Maxim Mikhaylov verhinderte mit einem krachenden Diagonalangriff die Sensation. Es folgten zwei weitere Matchbälle für Kazan (15:16 und 16:17), wovon der Favorit schließlich den zweiten zum 16:18 verwandelte.
BR Volleys Coach Mark Lebedew schwankte in seinem Fazit zwischen Stolz und Enttäuschung: „Ich bin nach diesem Spiel stolz auf meine Mannschaft. Die Spieler haben heute Großartiges geleistet. Aber ich bin auch enttäuscht. Wir hatten Matchball und haben verloren“, so der Australier.
Das Rückspiel findet am 22. Januar in Russland statt. Gewinnt Zenit Kazan dieses Spiel, zieht der Titelverteidiger in die nächste Runde ein. Gewinnen die BR Volleys (egal mit welchem Ergebnis), entscheidet ein sogenannter „Golden Set“ bis 15 Punkte über das Weiterkommen.
(Quelle: Mitteilung der BERLIN RECYCLING Volleys, der Bundesligamannschaft des SCC BERLIN Volleyball)